Royal Enfield Model G Restauration

30.12.2011 - Was bleibt noch übrig, bevor Hupe und Auspuffkrümmer
ankommen? Fangen wir mit dem Sattel an, da hatte ich ein nettes kleines
Accessoire ergattert: Ein Blechschildchen mit der Aufschrift "Lycett - Made
in England". Lycett war einer der großen Hersteller von Sätteln und anderem
Zubehör für Fahrräder und Motorräder, das Schild wird das i-Tüpfelchen
auf dem schönen breiten Sattel. Das Teil wird normalerweise mit zwei kleinen
Nieten am hinteren Sattelende befestigt, aber erstens habe ich keine so
kleinen Nieten und zweitens würde ich damit das dünne Metall praktisch
zerdrücken. Ich habe noch ein paar M2 Schrauben, die sich gut dafür eignen:
In den Sattelbezug wird ein 2 mm Loch gebohrt, dann werden die beiden
passend gekürzten Schrauben eingesetzt und mit winzigen Muttern gesichert.
Sieht wirklich gut aus, bleiben wir beim Thema Sitzgelegenheit. Das "Sitz-
brötchen" für einen mutigen Passagier wird auf den hinteren Kotflügel gesetzt,
ausgerichtet, die Befestigungslöcher angezeichnet, dann gebohrt und mit 1/4"
BSCy Schrauben befestigt. Versuchen wir als nächstes, den Primärtrieb mit
Öl zu füllen. Das Handbuch empfiehlt gewöhnliches Motoröl, das kann aber
ggf. verharzen und die Kupplungsfunktion behindern, darum wird in Oldtimer-
foren meistens ATF Öl empfohlen - da habe ich doch im Bastelkeller noch
einen fast vollen Kanister stehen? Beim Einfüllen des Öls geschieht, was ich
habe kommen sehen: Es tropft... Sieht momentan nach einer undichten
Stelle an der linken Fußraste aus, deren Befestigung quer durch den Primär-
kasten führt. Das sehe ich mir morgen genauer an, für heute werden nur noch
die Griffgummis mit Sekundenkleber am Lenker befestigt und eine vergessene
Schraube an der Bremsankerplatte festgezogen, dann reicht es für heute.

05.01.2012 - Mittlerweile ist der neue Auspuffkrümmer angekommen - der
Winkel stimmt und auch der vertikale Teil ist lang genug, dennoch passt das
Teil nicht so ganz: Der Krümmer ist so lang, dass der Auspufftopf nicht mehr
am Rahmen befestigt werden kann. Das lässt sich mittels Eisensäge beheben...
Schwieriger wird dagegen einen geeigneten Haltepunkt zu finden, da keine
Abbildung vorhanden ist, auf der der Auspuff zu sehen ist. Die Abbildungen
von restaurierten Fahrzeugen zeigen verschiedene Positionen, ich entscheide
mich, auch aufgrund des knappen Platzes an der Hauptständerfeder entlang
für die Befestigung an der hinteren rechten Fußraste, was eine Distanzbuchse
und eine längere Schraube für die Befestigung erfordert. Marschieren wir
also wieder einmal an die Drehbank...

07.01.2012 - Die Hupe ist da - ein schönes (und kostbares) Teil - ab in die
Garage. Die alte Hupe ist schnell abgebaut, deren Halter muss ich an der
Hupe montieren. Dann lege ich Strom an das Teil - es funktioniert! Ein, zwei
kleine Minischrammen muss ich beipinseln, sonst gibt es an der Hupe nichts
auszusetzen. Montiert ist sie auch schnell, leider sind jetzt meine Kabel zu
kurz, da bei meiner alten Hupe die Anschlüsse oben lagen und bei der neuen
Hupe unten. Na schön, arbeiten wir erstmal am Auspuff weiter. Zuerst muss
ich, oh Schande, eine BSF Schraube modifizieren, da ich keine ausreichend
lange BSCy Schraube mehr habe... Die Mutter wird an der Drehbank ein
wenig gekürzt, da sie sonst mit der Halteschraube der Fußraste kollidiert.
Nachdem alles zusammengesetzt ist, passt der Auspuff knapp an der Feder
des Hauptständers vorbei, dafür zeigt sich ein neues Problem: Der Kickstarter
schlägt gegen den Auspufftopf... Was nun? Mir bleibt nur eines: Ich muss den
Auspuffkrümmer soweit kürzen, das der Auspufftopf vor der Feder des
Topfes liegt und nur noch das Endrohr an der Feder vorbei muss, das ist
deutlich schmaler, der Topf kann weiter nach innen verlegt werden, damit
gibt es mehr Platz für den Kickstarter. Kann ich also meinen mühsam
gebauten Halter wieder abmontieren, die kürzere BSCy Schraube wieder
montieren und den Auspuff komplett abbauen. Nachdem ich den Krümmer
zweimal gekürzt habe, sitzt der Auspufftopf weit genug vorne. Den Halter
des Topfes kann ich mittels Distanzbuchse an der Befestigungsschelle des
Werkzeugkastens (jetzt meine Elektrikzentrale) befestigen. Jetzt sitzt der
Auspuff zwar deutlich enger am Motorrad, es reicht aber trotzdem
nicht für den Kickstarter. Darum montiere ich ihn ab und versuche ihn im
Bastelkeller zu biegen. Nach mehreren Trial-und-Error Versuchen habe
ich's geschafft: Die Kickstarterfeder hat sich schon wieder aus dem
Halter verabschiedet - ich habe die Nase voll für Heute.

08.01.2012 - Die Motivation liegt ein wenig darnieder, trotzdem raffe ich
mich auf. Der Kickstarter passt immer noch nicht - ich brauche eine Presse.
Die habe ich leider nicht, darum muss der Schraubstock dran glauben...
Das gute, mindestens 60 Jahre alte Stück schafft es, die "Falten" aus dem
Kickstarter zu bügeln, die durch das Biegen entstanden sind, jetzt reicht
der Platz. Jetzt kommt der lästige Part: Ich muss alle Hebeleien und den
Kupplungszug vom Getriebe entfernen, die vier Schrauben lösen und den
Getriebedeckel abnehmen, damit ich an die dämliche Kickstarterfeder und
deren noch dämlichen Halter herankomme. Die Feder wird eingehängt,
die Halteplatte vorgespannt und auf die Kickstartwelle aufgesetzt - jetzt nur
nicht husten, sonst rutscht das Teil wieder ab! Vorsichtig wird der Getriebe-
deckel aufgesetzt, mit einer Schraube fixiert und dann flugs der Kickstarter
auf der Welle verschraubt - Ufff, das ging deutlich besser als beim letzten
Mal. Nachdem der Leerlauffinder, der Schalthebel sowie der Kupplungs-
zug montiert und der Auspuff befestigt sind, versuche ich's erneut: Sofern
ich's nicht übertreibe mit dem Kicken, reicht der Platz endlich. Verwundert
stelle ich fest, das nach diesem Akt das Mopped im Prinzip fertig ist...
Wenn das Wetter nicht so feucht wäre, würde ich das Mopped vor die
Haustür schieben, vorsichtig den Staub und die Fettflecken der Jahre
abwaschen, 5 Liter Benzin von der Tankstelle holen und schauen, ob die
Enfield nach nun 9 1/4 (!) Jahren Restauration und vermutlich jahrzente-
langem Stillstand wieder seine Stimme erhebt - das fällt aber vorerst flach.
Watt nu? Ich räume für's Erste grob die Bastelgarage auf, dann werden
die Gummistopfen der Kniekissenbefestigung montiert und zuletzt die
Batterie endgültig angeklemmt und die Hupenkabel angeschlossen - das
wär's für Heute. Irgendwie kann ich mich nicht so recht freuen - es fehlt
der "Abschluss": Die Enfield frisch restauriert und gewienert im Sonnenlicht
und mit laufendem Motor. Es wird auf jeden Fall also noch spannend!

14.01.2010 - Ein wichtiges Kapitel wird eröffnet - der erste Start naht!
Zuerst rolle ich das Mopped nach über 9 Jahren das erste Mal raus.
Vor dem Haus werden Staub und Fettfinger vorsichtig mit warmem
Wasser abgewaschen, dabei sehe ich, dass am Gusszylinder an den
Kanten leichte Rostspuren zu sehen sind. Mit etwas Schmirgel und
ein paar Pinselstrichen Thermolack wird der Schaden behoben. Zum ersten
Mal habe ich Gelegenheit, das Mopped richtig in Augenschein zu nehmen -
sieht wirklich gut aus, auch der unförmige vordere Kotflügel fällt lange
nicht so negativ ins Gewicht wie befürchtet. Zurück in der Garage nehme
ich mir den Benzinkanister, der Sprit darin ist aber mindestens 2 Jahre alt,
den kippe ich ins Auto... Mit frischen Sprit wird der Tank befüllt, er sieht
dicht aus, ebenso die Benzinhähne. Nach dem Öffnen des rechten Hahns
(der linke ist laut Handbuch als Reservehahn gedacht) wird die
Schwimmerkammer geflutet, die Zündung auf Spät verstellt und der Choke
geschlossen. Nach ein paar Kicks fällt schnell auf, das es vorne am Zylinder
arg zischt - nach kurzer Untersuchung zeigt sich, das der Zylinderkopf vorne
links restlos undicht ist und das Benzin-Luftgemisch einfach nach draußen
pustet... Nachziehen der Kopfschrauben hilft auch nicht, das war's dann
wohl für's Erste. Der Zylinderkopf muss wieder demontiert und der
Übeltäter ermittelt werden - Schade! Zurück am PC werden in England
für rund 80 Pfund neue Dichtungen und ein paar Kleinteile bestellt.

Sieht klasse aus, ...funktioniert aber noch nicht

Nachtrag - Da ich eh den Zylinderkopf demontieren muss, bestelle ich mir
auch gleich noch einen Satz neuer Kipphebel, die modifiziert sind und
bessere Schmiereigenschaften aufweisen sollen - eine Verbesserung
gegenüber den arg mitgenommenen Teilen, die ich mangels erhältlicher
Neuteile verbauen mußte - es kann nur besser werden, so hoffe ich...

21.01.2012 - Gehen wir wieder ans Zerlegen... Ich habe mich entschlossen,
auch Zylinder und Kolben wieder zu demontieren, um den Grund für die
Undichtigkeit des Zylinderkopfes besser kontrollieren zu können. Der Tank
muss ab, dafür muss ich die Sattelstütze demontieren. Die Verschraubung
der des rechten Benzinhahns scheint etwas undicht zu sein, darum stinkt es
seit dem Einfüllen des Benzins vor einer Woche ganz ordentlich in der Garage.
Auspuffkrümmer und Vergaser werden abmontiert, dann folgt der Ventil-
deckel. Die Kipphebel sind die nächsten auf der Liste, dann der Deckel
zu den Stößeln. Den Zug des Ventilaushebers lasse ich dran, da kommt
man deutlich besser ran, wenn der Zylinder ab ist. Der Zylinderkopf geht
leicht herunter - wenig Auffälliges zeigt sich, aber die Kopfdichtung hat
offenbar zu lose aufgelegen, der Flächendruck reichte nicht aus. Die
hinteren Zylinderfußschrauben machen es mir nicht leicht, der Zündmagnet
ist im Weg. Auch der Zylinder geht leicht ab, der Kolbenbolzen sitzt
meiner Meinung nach aber zu fest im oberen Pleuelauge, das werde ich
mittels Reibahle noch nachbessern müssen. Im Bastelkeller werden die
Teile gereinigt, außerdem teste ich, ob die teuer erkauften neuen Kipphebel
auch passen werden - passen schon, aber die Stehbolzen sind zu kurz,
da die Kipphebelböcke deutlich höher sind... Da werden wir wohl noch
mal in England nachhaken müssen...

Da fehlt doch was...?

24.01.2012 - Zylinder, -kopf und Kolben liegen beim Motoreninstandsetzer.
Aufgabe: Feststellen, weshalb die Kopfdichtung undicht war, vermutlich
Ersatz der Ventilführungen (habe ich leider Mist gebaut...) und Kontrolle
des Kolbenlaufspiels. Aus England kommt eine Antwort auf meine Anfrage
wegen der zu kurzen Stehbolzen des neuen Kipphebelblocks - man hat
schlichtweg vergessen, mir die eigentlich zum Satz gehörenden Teile
mit zu schicken...

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Letztes Update: 24.01.2012