Royal Enfield Model G Restauration

16.12.2011 - So, die Gabel ist ein weiteres Mal an der Reihe: Der linke Gabelfuß
muss abmontiert werden, da er a.) undicht und b.) ein Gewinde defekt ist. Dazu hänge
ich das Mopped mit einem Spanngurt am Rahmenrohr unter der Decke auf, baue
das Vorderrad aus und lasse das Gabelöl ab. Nachdem ich den Gabelfuß abgebaut
habe, sehe ich mir vor allem das Gewinde an - so schlecht ist's gar, der Stehbolzen
darin ist sehr viel schlechter. Das aus der gebrauchten Gabel ausgebaute Teil sieht
auch nicht besser aus, also wird lediglich das Gewinde etwas tiefer geschnitten,
da ist noch genug Luft. Der Stehbolzen wird natürlich erneuert, den mache ich mir
aus einem etwas längeren Rundstab VA und mit Hilfe eines 5/16 BSCy Gewinde-
schneiders. Montiert wird der überarbeitete Gabelfuß diesmal mit Dichtmasse,
damit das Tropfen endlich aufhört... Apropos Tropfen - am rechten Gabefuß finde
ich ebenfalls Ölspuren, deshalb wird der auch noch demontiert, gereinigt und
abgedichtet. Das Einfüllen der fast 800ml (!) Öl in die beiden Gabelholme dauert
fast eine 3/4 Stunde - einerseits, weil das Gabelölkalt und zäh ist, andererseits weil
das Öl durch die dünnen Kanäle in der Gabel einen guten Meter nach unten laufen
muss, bis der korrekt Füllstand ermittelt werden kann. Als Nächstes sehe ich mir
den Primärkasten und dessen Abstand zur Kette an, da habe ich ein Geräusch
gehört - zum Glück schleift aber nicht die Kette, sie ist lediglich zu straff gespannt
und knarzt deshalb, das ist schnell behoben. So langsam kann ich an das Einfüllen
weitere Betriebsflüssigkeiten denken: Zur Erstbefüllung des Getriebes hatte ich mir
schon vor einiger Zeit Getriebefließfett besorgt, das wärme ich an und drücke nach
Gutdünken etwa 500ml in das Getriebe, der Rest wird mit Hypoidöl aufgefüllt.
Ein passendes unlegiertes Einbereichsöl (SAE50) kann ich beim örtlichen Autozu-
behör nicht finden, das wird bei eBay auktioniert. Für heute soll's genug sein.

17.12.2011 - Beim Testen der Elektrik muss ich feststellen, dass sich während
meiner Arbeiten ein ungeliebtes Kriechtier meiner Enfield bemächtigt hat: der
allseits bekannte, aber wenig geschätzte Kupferwurm! Dieses Tier führt bei
Kraftfahrzeugen dazu, dass sich verkabelte Elektrik- und Elektronikkomponenten
ungebührlich verhalten, d. h. nicht ihrem Einsatzzweck gebührend... Spaß beiseite,
beim Einsetzen der Sicherungen und Test der einzelnen Stromkreise stellt sich
heraus, dass außer dem Stand- und Bremslicht kaum etwas so funktioniert wie
vorgesehen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mittels Messgerät und Schaltplan
auf Fehlersuche zu gehen, wobei sich nicht verhindern lässt, dass ich einen Teil
der Isolierung des Kabelbaums öffnen muss, um den oder die Fehler zu finden.
Ein dicker Fehler findet sich in der Verkabelung von Amperemeter und Licht-
schalter in der vorderen Lampe, wo ich mehrere nicht zusammengehörige Kabel
miteinander verbunden habe - was ich mir angesichts des Schaltplans nicht direkt
erklären kann. Das Paneel und die Lampe werden wieder komplett demontiert
und die Kabel richtig zugeordnet, bevor ich aber alles noch einmal testen kann,
wird's mir endgültig zu kalt in der Garage - hoffen wir, dass sich nicht noch mehr
Fehler einfinden...

19.12.2011 - Nach einigen Messungen, Überlegungen und Grübeln über dem
(selbst erstellten) Schaltplan komme ich langsam darauf, wo die Fehler zu finden
sind: Bei der Verkabelung von Amperemeter und Lichtschalter habe ich mir ein
paar Böcke geschossen - Liegt wohl an meinem Alter, den kalten Temperaturen
und der langen Zeit zwischen den einzelnen Bastelstunden... Wie dem auch sei,
dann kann ich ja gleich auch das Chaos ein wenig verkleinern und die zu dicken
Steckverbinder gegen schmalere ersetzen. Mir blutet zwar ein wenig das Herz
als ich die mit großem Aufwand erstellten SuperSeal Steckverbindungen mit dem
Seitenschneider entsorge, aber die kleineren und flexibleren Mehrfachstecker
verbrauchen im engen Lampengehäuse einfach weniger Platz. Immerhin sieht es
jetzt auch deutlich aufgeräumter aus, nachdem ich die Kabel teils neu verlegt
und da wo notwendig auch gekürzt oder verlängert habe. Schreiten wir zum
Test: Die Sicherungen im Sicherungskasten werden Stück für Stück eingesetzt
und der entsprechende Stromkreis getestet - soweit, so gut - sobald aber
stärkere Stromverbraucher wie die Vorderlampe eingeschaltet werden, spielen
die Relais verrückt. Das liegt offenbar an meinem mit 2 Ampere etwas zu
schlappen Netzgerät. Darum wird nun wieder die Batterie provisorisch ange-
klemmt und siehe da - das Licht funktioniert ebenso wie der Spannungswandler
von 6V auf 12V (für die Bordsteckdose). Die Alarmanlage rührt sich dagegen
nicht, hoffentlich ist der Akku der Anlage nur entladen und nicht defekt von der
langen Lagerung! Die Hupe bleibt ebenfalls stumm, auch, als ich die Batterie
direkt an die Klemmen schließe - da ist wohl die Spule defekt... Zurück in der
guten Stube versuche ich eine neue Hupe aufzutreiben, aber meine beiden
Teilehändler in England lassen mich schnöde im Stich (Out of stock). eBay
hat momentan auch keine Angebote, daher frage ich ich per E-Mail bei
Peters Classic Bike Parts in Holland und bei Southern Division an. Trotzdem
ein erfolgreicher Tag!

20.12.2011 - Eine Hupe ist momentan nirgendwo aufzutreiben - da werde
ich wohl warten müssen. Widmen wir uns wieder der Elektrik. Die zur Fehler-
suche abisolierten Kabelstränge werden wieder isoliert und neu verlegt, der
rechte Seitendeckel, der den Großteil der Elektrik beinhaltet, wird mit der
der originalen Knebelschraube verschlossen, deren Gewinde ich vorher etwas
nachschneiden muss. Am Deckel selbst hat sich eine unschöne Lackmacke
gebildet, was daran liegt, das Deckel und hintere rechte Fußraste kollidieren.
Den Deckel kann ich mit etwas Tupflack retten, die Schraube der Fußraste
wird mit einem weichen Gummistück "entschärft". Die Lampe verursacht
deutlich mehr Arbeit: Ich bekomme die kleinen M2 Schrauben, die momentan
das Schaltpaneel für Amperemeter und Lichtschalter halten, kaum ansetzen,
immer wieder rutschen mir die winzigen Muttern aus der Hand und verlieren
sich auf dem Garagenboden - zum Glück hatte ich genug davon bestellt...
Nach einigen deftigen Flüchen und zahllosen Versuchen gelingt es mir endlich.
Das Amperemeter wird noch getestet, bevor ich den Reflektor wieder
montiere es schlägt aus - und sogar in der richtigen Richtung! Der Hauptkabel-
baum und der Relaiskasten werden rechts bzw. unten am Rahmen verlegt,
weswegen ich den Zug für die Zündverstellung herausnehmen und links herum
verlegen muss. Soweit, so gut... Als nächsten Schritt werde ich wohl den Tank
und die Benzinleitung verlegen sowie den Soziussitz montieren, dann Öl in den
Motor füllen, die Auspuffanlage anbringen um anschließend den ersten Start-
versuch zu wagen - es wird langsam spannend!

22.12.2011 - Zuerst sollen die Benzinhähne montiert werden, aber wo sind die
nur? Nach einer 1/4 Stunde habe ich sie endlich gefunden - *#!% Zeit, erstmal
auf zu räumen... Nachdem der Kofferraum des Autos mit Abfall gefüllt ist, werden
die Benzinhähne mit Dichtmasse in die Tankgewinde eingesetzt. Dann folgt der
Versuch, den Tank vorsichtig auf den Rahmen zu setzen, aber da sind als erstes
die Stehbolzen der Lenkerbefestigung im Weg, die werden gegen normale
Schrauben ersetzt. Die Verkabelung ist auch noch im Weg, da der Tank ziemlich
tief auf dem Rahmen sitzt, desweiteren der Sattel, der vorne zu tief sitzt und mit
dem Tank kollidiert - das hatte ich kommen sehen: Im Ersatzteilkatalog sind zwei
Streben zu sehen, die den Sattel etwas vom Rahmenrohr noch oben verlegen.
Die Teile habe aber keine eigene Ersatzteilnummer, was bedeutet, das sie im
im Normalfall Teil des Sattels sind - die fehlten bei meinem Sattel. Hier ist wieder
Eigeninitiative angesagt: Nach Ausmessen der benötigten Höhe, der Breite von
Rahmen- und Sattelbefestigung geht es in den Bastelkeller. Mmh - Alu oder
Edelstahl? Alu wird am Rahmenrohr zu dünn und instabil aber in Edelstahl habe
ich kein Stück, das groß genug wäre - in meiner Materialsammlung befindet sich
auch noch ein massives Messingrundstück, das flugs vermessen und für aus-
reichend groß befunden wird. Dann folgen gut 2 Stunden Arbeit an der Fräse,
bis aus dem Rundmaterial ein passender Adapter für den Sattel geworden ist.
Feierabend für heute!

Probeweise sitzt der Tank
wieder am Mopped
Sieht gut aus!
Ausgangsmaterial für
den Satteladapter
So sieht das fertig
gefräste und polierte Teil aus

24.12.2011 - Heute ist zwar ein hoher Feiertag, aber so ganz auf's Schrauben
verzichten? Mitnichten! Der Satteladapter soll montiert werden - Schwierigkeiten
macht einer der vor einiger Zeit angefertigten Befestigungsbolzen - das Gewinde
ist hin... Ursache ist, das es beim Gewindeschneiden von Hand fast unmöglich
ist, den Gewindeschneider gerade anzusetzen - je länger das Gewinde werden
soll, umso krummer wird das Gewinde und damit schlechter. Daher gehe ich seit
einiger Zeit so vor, dass ich den Gewindeschneider in das Futter der Drehbank
einspanne und den Bolzen in das Bohrfutter am Längssupport, dann lasse ich die
Maschine ganz kurz anlaufen. Damit wird das Gewinde gerade angesetzt, der
Rest wird wie gehabt per Hand erledigt und das Gewinde ist einwandfrei.
Nach dem Neuanfertigen des Haltebolzens sitzt der Sattel jetzt richtig.

25.12.2011 - Kleinigkeiten erledige ich heute auch wieder: Das Motoröl wird
eingefüllt, anschließend der Tank befestigt. Dazu muss ich die vordere Halterung,
die am Rahmen kippbar befestigt ist, nach hinten drücken. Hinten stört der
Kabelbaum, der Tank sitzt einen guten Zentimeter zu weit rechts. Darum hebe
ich ihn hinten soweit an, dass ich den Kabelbaum auf Seite drücken kann, die
ebenfalls im Weg liegende Tachowelle wird nach unten verlegt. Zur Befestigung
werden vier Schrauben und acht Gummipuffer benötigt, Gummipuffer und
Schrauben habe ich, letztere sind ein wenig zu lang und müssen gekürzt werden.
Die Benzinleitung ist widerspenstig - die starre Leitung will erst zwischen Lima,
Motorhalterung und Vergaser eingefädelt und anschließend passend gebogen
werden, damit die Konusse und deren Schraubbefestigung aufeinander passen.
Klappt nach ein wenig Bastelei auch, dem Tank fehlen jetzt nur noch die Knie-
kissen, die auf Metallplatten aufgezogen werden, welche mittels Schrauben
am Tank befestigt sind. Als letzte Tat des Tages kürze ich zwei Schrauben im
Bastelkeller passend ab.

27.12.2011 - Die Kniekissen sollen heute an den Tank wandern, doch zuerst
geht Richtung Baumarkt, ich brauche einen Gummikleber, um die Unterseite
des "Sitzbrötchens" mit einer Gummiunterlage zu bekleben - der vom Polsterer
aufgebrachte Filzbelag dämmt zwar auch, ist aber auch arg saugfähig... Ein
guter Kontaktkleber wird besorgt und die Gummiplatte verklebt, dann ab in die
Garage. Die Kniekissen werden auf zwei Bleche aufgezogen, die zuerst am
Tank verschraubt werden - die zeigen sich allerdings arg widerspenstig: auch
mit entsprechendem Schmiermittel gelingt es mir nicht, die Kniekissen aufzuziehen,
der Gummi fängt auch schon an, einzureißen. Nach reiflicher Überlegung
entscheide ich mich, die Gummis in Höhe der Befestigungsschrauben durch zu
bohren, damit ich erst die Kissen auf die Bleche ziehen und dann alles zusammen
am Tank montieren kann. Eigentlich eine gute Idee, aber die Bleche sind dermassen
verzogen, dass ich gut 1,5 Stunden benötige, sie so zu biegen, dass die Kniekissen
halbwegs sauber am Tank anliegen. Zur Entspannung will ich noch die Auspuff-
anlage montieren... Der Krümmer passt nicht auf de Auspuffstutzen, die Öffnung
ist zu klein. Kein Problem, der Krümmer ist oben zu knapp eingesägt und lässt
sich damit auch nicht genug aufbiegen, das ist schnell behoben. Aber dann
kommt es leider wieder einmal richtig dick: Der Krümmer ist falsch gebogen
und außerdem der vertikale Teil zu kurz, er passt gar nicht am Motor vorbei!
Das 2003 bestellte Teil kann ich demnach entsorgen und noch einmal neu in
England ordern, was ich auch nach Rückkehr aus der Garage umgehend in
Angriff nehme - hoffentlich passt der Krümmer dann wenigstens! Dennoch:
mein anvisiertes Ziel, das Mopped noch vor Ablauf meines Urlaubes und des
Jahres 2011 fertig zu bekommen, sind gescheitert... Immerhin bekomme ich
Nachricht, das die vor ein paar Tagen zum Gunstpreis von knapp 240 Euro (!)
ersteigerte NOS Hupe (NOS= New Old Stock = Neues Alt- Lagerteil)
morgen auf die Post geht - teurer Spaß!

Der Auspuffkrümmer
passt nicht...
Die Krümmung ist falsch
und der vertikale Teil zu
kurz geraten
Der Tank mit Kniekissen - die
Löcher in den Kniekissen
müssen noch verschlossen werden

29.12.2011 - Das Wetter ist zu schön zum Basteln, darum hole ich die
"große Schwester" aus der Garage und fahre eine schöne Runde. Abends
bekomme ich per E-Mail die Nachricht meines Teilehändlers, dass man
den von mir bestellten Auspuffkrümmer an einer anderen 350er Enfield auf
Passung und Sitz kontrolliert hat - na, schau'n mer mal... Bei Amazon werden
auch noch passende "Karosseriestopfen" aus Gummi zum Verschließen der
Bohrlöcher in den Kniekissen bestellt - die Dinger sind recht teuer
(10 Stück knapp 5 Euro).

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Letztes Update: 29.12.2011