Island 18.08. - 17.09.2012

Tag 13 (Patreksfjörður-Snæfellsjökull, ca. 410 km):

Da einige Gäste morgens recht laut sind, komme ich zeitig weg - ist auch
gut so, denn es liegen etwas über 400 km (ohne Extratouren) an. Die ersten
150 km sind ein Wechselbad aus Sonne, Wolken und Regen, garniert mit
wechselnder Piste aus Asphalt und Schotter. Das in einem Reiseführer
erwähnte Haus "Vatnasafn" (Wassermuseum, darin Säulen gefüllt mit Wasser
aus verschiedenen Gletschern) in Stykkishólmur kann ich beim besten Willen
nicht finden, obwohl es sogar auf dem lokalen Stadtplan steht - Schade.
Der Naturpark Snæfellsjökull ist eine echte Offenbarung, obwohl es zuerst
mal wieder herb anfängt: Auf einem Parkplatz (!) an einem Leuchtturm lege
ich mich beim Losfahren mal wieder hin, zur Abwechslung diesmal auf die
linke Seite. Ich suche mir dann eine Piste möglichst nahe am Gletscher aus,
es geht bis auf 700 m in Serpentinen hinauf, die Piste ist schwierig, aber
machbar. Der Wind pfeift recht kräftig und fegt die dunklen Wolken langsam
weg, trotzdem kann man den eigentlichen Gletscher nur erahnen, die Ausblicke
lohnen sich trotzdem. Das "grüne Leuchten" Islands, wie ich das Leuchten der
Moose und Flechten bei bestimmtem Sonnenstand nenne, ist an vielen Stellen
besonders schön zu sehen. Nach etlichen Foto- und Rauchstops suche ich
mein Gasthaus, der Wegpunkt ist aber definitiv falsch - das wäre nämlich in
der Nähe des Gletschergipfels... Die GPS Koordinaten auf dem "Booking"
Formular sind auch falsch, im nächsten Örtchen mit einem Gasthaus frage
ich nach, um zu meinem Erstaunen zu erfahren, dass ich hier richtig bin. Es
bleibt aber schwierig, der Zimmerschlüssel will nicht passen, daher probiere
ich ihn in jedem der 4 Gästehäuser, um doch wieder vor der ursprünglichen
Tür zu landen. Nach einigem herumfummeln öffnet sich die Tür und enthüllt
den bisher kleinsten Raum der Reise, abgesehen von der Fährkabine. Naja...
Das Essen im angeschlossenen Restaurant ist furchtbar teuer, macht aber nix,
da ich nach dem Fastfood der letzten Tage eh etwas kürzer treten will, also
gibt es nur ein Dessert und Bier dazu. Der Wetterbericht für den morgigen
Tag verheißt nichts Gutes, es könnte kräftigen Dauerregen auf dem Weg
nach Reykjavik geben. Um 21:00 werde ich aus dem Lokal herausgefegt.

Unbekannter Fjord Karge, aber keineswegs
öde Vulkanlandschaft
Farbenprächtiges
Vulkangestein
Snæfellsjökull - der Nebel
lichtet sich langsam
Kühl, windig und neblig,
dafür fotogen...

Tag 14 (Snæfellsjökull - Reykjavik, ca. 330 km):

Der Tag fängt schlecht an: Es regnet kräftig und ich habe keine Ahnung,
wo ich mein gestern bereits bezahltes Frühstück bekommen soll - alles
ist zu. Dann halt ohne... Im vollen Regenzeug packe ich das Mopped,
die ersten 97 vom Navi angekündigten Kilometer bis zur nächsten
Abzweigung sind furchtbar - der Himmel ist grau in grau, es regnet ohne
Ende. Die Wasserfälle Hraunfossar bieten etwas Abwechslung, der
höchste Wasserfall Islands, der Glymur lädt nicht ein: vom Parkplatz
bis zum Wasserfall sind 2,5 km zu laufen - unter diesen Wetterbeding-
ungen und mit vollem Gepäck schenke ich mir das - ein andermal.
Angekommen in Reykjavik finde ich das Gasthaus auf Anhieb, aber
wie fast immer in diesem Urlaub habe ich das Zimmer im obersten Stock,
dafür ist es geräumig, was ich dazu nutze, meine nassen Klamotten dort
auszubreiten. Ich brauche erstmal Schlaf... Um 20:00 marschiere ich
Richtung City, die nur einen knappen Kilometer entfernt ist. Nach der
Einsamkeit der Fjordlandschaften ist Reykjavik fast ein Schock:
Geschäftig, groß, etwas laut, jung und frech - Jede Menge Lokale,
Bars, Shops, Souvenirläden etc. Schließlich lande ich in einem irischen
Pub mit guter Livemusik, wo ich tatsächlich ein Kilkenny Bier genießen
kann - was mir bei der letztjâhrigen Irlandtour nicht vergönnt war...
Während der Live- Session im Pub bemerke ich, wie mir das Gitarre-
spielen fehlt.

Hraunfossar Wasserfälle Faszinierende Farbspiele Mit langer Belichtungszeit

Tag 15 (Reykjavik, ca. 10 km, zu Fuß):

Zum Herumfahren ist das Wetter noch zu schlecht, für einen Stadt-
rundgang reicht's. Die größte Kirche Islands, die Hallgrimskirkja,
wird besucht. Von außen beeindruckend, von innen eher schlicht.
Auf dem Weg zum Hafen finde ich eine Bäckerei, die sogar Bretzeln
hat - da kann ich nicht wiederstehen, zumal mein Gasthaus kein Früh-
stück anbietet. Die Stadtbibliothek mit Fotoausstellung bietet nur wenige,
aber durchaus interessante Exponate. Das Stadtmuseum knöpft mir
dagegen 1200 Kronen für eine Ausstellung ab, die zu 2/3 wg. "Umbau-
arbeiten" nicht besichtigt werden kann - fast schon eine Frechheit...
Es lockt noch eine Art Flohmarkt in einer Riesenhalle, wo es so ziemlich
alles gibt. In einem CD- Laden mache ich auch noch Halt, schließlich
brauche ich noch passende Musikuntermalung für die Urlaubs- DVD.
Gute Idee, ich kann einige der CD's probehören, darum findet sich auch
schnell was Geeignetes. Obwohl es bis zum Perlan Gebäude mit dem Saga-
Museum gut 2,5 km weit ist, marschiere ich los. Ein künstlicher Geysir
ist im Gebäude, zusammen mit dem Museum und einem Edel- Restaurant.
Der Geysir bricht regelmässig alle 5 Minuten aus und schießt eine fast
10m hohe Fontäne durch die offene Galerie. Das Saga Museum mit Audio-
führung wird auch besucht, eine schön gemachte Wachsfigurensammlung
in stilechter Kleidung und Umgebung, die Geschichten werden durch den
Audiovortrag erklärt. Im Supermarkt kaufe ich einen Liter Apfelsaft
und ein paar andere Kleinigkeiten ein, dann lockt mich die Matratze. Auf
dem Rückweg kaufe ich mir in einem der zahllosen Touristennepp- Geschäfte
eine schöne, leichte Fleecejacke mit Kapuze. Einerseits hat es mir das
Ding einfach angetan, andererseits hat sich mein Fleece- Anorak zum
wiederholten Male als echte Plage erwiesen: Sobald es etwas wärmer ist
und regnet, schwitzt man sich in dem Ding zu Tode, der Anorak ist zwar
wasserfest, läßt aber auch kein Lüftchen zirkulieren. Gegen 20:00 mache
ich mich erneut auf, ich habe Hunger. Unterwegs sehe ich eine Vierergruppe
von isländischen Jugendlichen, die sich im Stil tibetanischer Mönche
gekleidet hat: Köpfe kahlrasiert, Oberkörper nackt und mit einer bunten
Tunika angezogen - die spinnen, die Isländer! Trotz der Fülle an Restaurants,
Cafes, Bars und Take-Aways habe ich verteufelt Mühe, ein Plätzchen zu
finden, es ist Samstagabend und alles geht aus. Bei einem Italiener habe ich
schließlich nach 10 Minuten Warten Glück. Mein Abschlußbier wollte ich
mir eigentlich im englischen Pub holen, aber da kommt man vor lauter
Menschen nicht mal bis zum Tresen - gehen wir halt wieder zum Irish Pub,
die haben heute auch wieder Livemusik. Da die Stimmung langsam steigt,
werden aus dem Abschlußbier dann doch drei, besonders, als der Live-
musiker alte Beatles- Songs spielt und die Gäste mitsingen.

Die Hallgrimskirkja -
ein beeindruckendes Bauwerk
Auch in Island mag man
bunte Häuser
Die Flugzeuge kommen recht
tief über der Stadt herunter
Flohmarktstand Wer immer noch nicht weiß,
wie man den verdammten
Knoten richtig bindet...
Wachsfigur im Saga- Museum

Tag 16 (Reykjavik-Glymur Wasserfall-Þingvellir, ca. 240 km):

Das Wetter lockt ins Freie, der Himmel lacht. Holen wir erst mal das
Versäumte nach: Der höchste Wasserfall Islands, der Glymur, lockt.
Daher habe ich die Wanderschuhe mit eingepackt, aber auf das, was
mich dort erwartet, bin ich nicht gefaßt: Der normale Touri macht wohl
an einem Felsvorsprung Halt - von da aus kann man den Wasserfall aber
nur sehr schlecht und lediglich den oberen Teil sehen. Daher klettere ich
in die Schlucht herunter, der Abfluß des Wasserfalls will über einen
Wackelbalken mit einem ebenso wackligen Stahlseil als Führung überquert
werden. Dann geht's erst so richtig los: Der Hang ist teils supersteil, man kann
sich bestenfalls am Ast eines Busches festhalten, sofern einer der Vorgänger
den noch nicht herausgerissen hat. Es folgen Passagen mit loser Erde bzw.
Lehm, über die man sich mit Hilfe eines am Weg angebrachten Führungsseils
hochziehen muss. Nach einer knappen Stunde Kletterei habe ich ein Plateau
erreicht, das einen guten Ausblick gestattet. Nachdem die Zigaretten auf dem
Weg stangenweise aus den Lungen kamen, wird's Zeit, eine oder zwei nach-
zulegen... Der Ausblick vom Gipfel ist aber sicher noch besser, jetzt packt
mich der Ehrgeiz: eine weitere halbe Stunde später habe ich auch diese Hürde
bezwungen, der Ausblick ist wirklich atemberaubend, der Wasserfall fällt
nahezu ungebremst über eine Klippe fast 200 m in die schwindelerregende Tiefe.
Nachdem einige Fotos und ein Video gedreht sind, mache ich mir Gedanken
um den Rückweg: den gleichen, steilen Pfad wieder herunter? Mmmh...
Auf der anderen Seite lockt ein wesentlich leichter aussehender Pfad, dazu
muß allerdings der Zufluß des Wasserfalls durchquert werden. Nachdem
mir eine andere Wandergruppe den Weg vormacht, ziehe ich Schuhe und
Socken aus und stakse los... Für die nicht ganz 30 m benötige ich fast 10
Minuten! Grund: die größeren Steine sind glatt wie Schmierseife, die
kleineren bohren sich äußerst schmerzhaft in die Fußsohlen - im Flußbett
liegen auch keine runden Kieselsteine, sondern spitze Vulkansteine.. Aber
ich schaff's doch. Der Weg hinunter entpuppt sich aber als fast ebenso
schwierig wie der hinauf, er ist komplett tief geschottert, ich komme nur
langsam vorwärts, da die Steine immer wieder nachgeben und ich ins
Rutschen gerate. Nach insgesamt 5 1/2 Stunden komme ich wieder am
Parkplatz an und muß mich erstmal völlig ausgepumpt ins Gras legen.
Nach einer halben Stunde ausruhen, 1 Liter Apfelsaft und ein paar Kippen
mache ich mich wieder auf. Der Nationalpark Þingvellir bietet neben einer
wunderschönen Landschaft keine weiteren Attraktionen. Ein Verkehrsschild
mit dem Wort "Geysir" lockt mich noch gut 20 Kilometer weiter, bis mir klar
wird, daß es sich dabei um die bereits auf meinem Plan stehenden Geysire für
den übernächsten Tag handelt, die noch gut 40 km entfernt sind. Das wird mir
jetzt zu weit und zu spät, ich drehe um. Gegen 19:45 bin ich zurück, eine Dusche
und Klamottenwechsel später suche ich den 2. Italiener im Hafenviertel auf -
teuer, aber das Essen ist ausgezeichnet. Der 2. irische Pub hat zwar noch
geöffnet, es sitzt aber kein einziger Gast drin... Aber im English Pub ist noch
was los, sogar mit Livemusik. Die Wettervorhersage verheißt für den morgigen
Tag nichts Gutes, mal sehen, was ich dann mache. Ich muß mich auch mal ein
wenig ums Mopped kümmern, weder Rück- noch Bremslicht funktionieren,
außerdem müßte ich mal einen Blick auf den Ölstand werfen.

Nicht ganz ungefährlich... Das Tal des Glymur 196 m in die Tiefe, da
kann's einem schnell
schwindlig werden

Aus allen Perspektiven imposant Ausblick von ganz oben
Einsam gelegenes Haus, wer mag
da bloß wohnen?
Nationalpark Þingvellir
 

▲ Zurück zum Seitenanfang

◄ vorherige Seite

nächste Seite ►

horizontal rule

TIPP:
- Reykjavik ist mit seinen gut 120.000 Menschen eine Welt für sich
   innerhalb Islands: Die vielfältigen Angebote locken sowohl Touristen
   als auch Einheimische - gerade das Nachtleben ist fast schon legendär
- Die Attraktionen rund um die Hauptstadt sind ebenso zahlreich, es lohnt
   sich, die Stadt als Ausgangspunkt für weitere Exkursionen zu nutzen
- Island ist das Land der Extreme: Sei es das Wetter, die Straßen, die
   Sehenswürdigkeiten oder die Temperaturen - Mittelmaß gibt es nicht...

Letztes Update: 29.09.2012