Royal Enfield 
        Interceptor Series II
        20.04.2007 - Nach der Arbeit das Vergnügen: Mal 
        wieder geht es
        in die Garage, um dem massiven Ölverlust zwischen Zylinderköpfen
        und Zylindern auf die Spur zu kommen. In einer knappen Stunde habe
        ich den Tank, die Auspuffkrümmer, die Vergaser sowie die
        Halterungen am Rahmen entfernt und nach Demontage der 10
        Schrauben halte ich die Köpfe in den Händen. Eine Riesensauerei
        zwischen den Dichtflächen kündet davon, das hier was faul ist...
        Natürlich geht auch was kaputt - die Unterdruckleitung zwischen
        den Ansaugstutzen bricht an der Lötstelle einfach ab...
        Zur Unterstützung habe ich einen der beiden gebrauchten Köpfe
        sowie Haarlineal und Schieblehre mitgebracht. Die Dichtungen an
        den Stößelführungen sehen schon wieder so merkwürdig gequetscht
        aus, in der hinteren linken ist auch ein Riss zu sehen. Die Zylinder
        werden zuerst auf Verzug geprüft - die Laufbuchsen stehen 2 Zehntel
        über der Dichtfläche, sind demnach also nicht nach unten gerutscht.
        Ob sie allerdings so weit nach oben ragen dürfen, muss ich noch
        klären. Der linke Zylinderkopf ist aber eindeutig krumm, und zwar im
        Bereich der Stößeldichtung, dort wölbt er sich deutlich nach oben.
        Die Kontrolle der Ausfräsung in den Köpfen für die Dichtungen ergibt
        ein einheitliches Maß, der Vergleich mit dem gebrauchten Zylinder-
        kopf
        offenbart ein ganz und gar anderes Bild: Dort sind die Aus-
        fräsungen
        glatt 5 Zehntel tiefer - das bedeutet, das mal irgendjemand
        die Köpfe
        hat planen lassen, aber die Dichtflächen für die Stößel-
        dichtungen
        nicht tiefer gefräst wurden. Die Dichtgummis wurden
        damit
        regelrecht
        zerquetscht, das dürfte die Ursache für den Ölverlust
        erklären.
        Endlich habe ich was gefunden, was (hoffentlich) einigen
        Ärger
        erklärt und mir zu einem halbwegs ölfreien Anblick verhilft. 
        Jetzt
        werde ich dem Herrn 
        in Groß-Gerau ordentlich Beine machen,
        damit ich
        die Köpfe möglichst schnell wieder montieren kann.
      
      23.04.2007 - Ich telefoniere mit dem
      Meister in 
      Groß-Gerau und hole
      mir seine Meinung zu meiner Theorie ein. Er mag's zwar nicht so
      recht glauben, dass 0,5 mm weniger Tiefe die Dichtungen ruinieren
      können, stimmt mir aber soweit zu - vor allem in Ermangelung
      anderer Fehlerquellen. Da er mich und seine anderen Kunden
      schnöde im Stich lässt und einfach In Urlaub fährt, muss ich mir für
      die Überholung der Teile eine andere Lösung suchen. Er ermahnt
      mich aber, die Zylinderköpfe auf
      jeden Fall aus Rissbildung zu prüfen.
      Die Frage, ob ich nach dem
      möglichen Planen der Köpfe besser die
      dicken Zylinderkopfdichtungen verwenden sollte, bleibt vorerst aber
      offen.
      24.04.2007 - Um die Köpfe planen zu können, muss ich sie 
      abrüsten,
      d. h. Ventile und Kipphebel sowie deren Achsen ausbauen. In einer
      knappen Stunde habe ich alle Teile demontiert - schon folgt die
      nächste Katastrophe: Die Ventilführungen sind heftig ausgeschlagen,
      und das nach noch nicht mal 1500 Meilen! Das Auslassventil des
      rechten Zylinders hat satte 6 Zehntel Spiel, das ist viel zu viel. Soviel
      zum Thema Bronzeführungen aus England. Morgen früh fahre ich zum
      
      Motoreninstandsetzer und höre mir sein Urteil an. Ich bin's echt leid,
      dass man mit dem verdammten Ding keine 100km am Stück fahren
      kann.
      25.04.2007 - Der Motoreninstandsetzer der mir schon öfters mal
      kleinere Teile angefertigt hat, genießt auch das Vertrauen eines
      Freundes (Danke, Benno), deshalb wird er angesteuert, um ein Urteil
      über die Köpfe ab zu geben. Das Spiel der Ventilführungen
      missfällt ihm ebenso wie mir, nach kurzer Beratschlagung bekommt
      er folgenden Auftrag: Vorsichtiges Planen der beiden Köpfe,
      Tieferfräsen der 4 Sitze für die Stößeldichtungsringe nach Muster
      von meinem gebrauchten Zylinderkopf,  Herstellen von neuen Ventil-
      führungen aus haltbarem Material, neue, bleifreitaugliche Ventil-
      sitzringe einsetzen und die Sitze fräsen, Köpfe auf Rissbildung prüfen
      sowie die gebrauchten Ventile leicht überarbeiten und einsetzen.
Preiswert 
      wird es wieder mal (was für eine Überraschung...) nicht:
Knapp 600 Euro wird die Überholung kosten. Er benötigt zum
      korrekten Fräsen der Ventilsitzringe aber das Maß, wie viel Freiraum
      die Ventile zum Kolbenboden haben. Deshalb setze ich die noch in
      der Grabbelkiste vorhandenen Alt- Ventile in einen gebrauchten
      Zylinderkopf ein (ohne Federn), montiere eine Kopfdichtung und
      setze den Kopf auf den Zylinder. Dann wird der Kolben auf OT
      gefahren und die Bewegungsfreiheit der Ventile bis zum Kolben-
      boden mit einer Schieblehre ermittelt. In den nächsten Tagen werde
      ich ihm das Maß mitteilen, dann können die Mannen loslegen.
      Das durch das Planen der Köpfe geringer gewordene Spiel der 
      Stößel und der sich dadurch ergebende ungünstige Winkel der
      Kipphebel zu den Ventilen muss ich mit den dickeren Zylinderkopf-
      dichtungen der 700er Constellation wieder angleichen, einen Satz
      dieser recht dicken Kupferdichtungen habe ich noch parat liegen.
      Was ich aber tun werde, wenn auch das nicht klappt, kann ich
      noch nicht voraussehen - im Moment neige ich zum Verkauf des
      ganzen Gelumpes.
      25.05.2007 - Nachfrage beim Motorspezi - leider fehlte ihm ein
      Werkzeug zum Aufreiben der Ventilführungssitze, die Zylinderköpfe
      sind also noch nicht fertig. Immerhin hat er schon die neuen Ventil-
      sitze eingepasst. Wenn ich's noch auf das Enfield Treffen in Diez
      an der Lahn schaffen will (22.06. - 24.06.), muss ich mich ranhalten...
      01.06.2007 - Immer noch keine Zylinderköpfe in Sicht: Mittags
      erreicht mich ein Anruf der Werkstatt, dass ein Malheur passiert ist:
      Beim Ausbau der verschlissenen Ventilführungen fiel dem Profi
      auf, dass eine der Führungen nicht voll getragen hat, d. h. sie saß
      nicht vollflächig in ihrem Sitz. Diesen Mangel wollte er nun per
      Reibahle (die er zu diesem Zweck erst bestellen musste, da
      englisches "Eiermaß") beheben. Gesagt, getan, die neue Führung 
      sitzt nun einwandfrei, dafür sitzt der Ventilteller jetzt nicht mehr 
      sauber
      in der Mitte des neu angefertigten Ventilsitzringes... Das bedeutet:
      Sitzring wieder heraus, Kopf noch einmal fräsen, neuen Sitzring
      anfertigen und einschrumpfen, Ventilwinkel fräsen und Ventil neu
      einschleifen -das wird also schon wieder nix mit dem Termin.
      Was mich mittlerweile am meisten ärgert, ist, das jeder der Fachleute
      mehr oder weniger unverhohlen ein schlechtes Urteil über die Arbeit
      seines Vorgängers abgibt, es selber besser weiß und besser macht
      als dieser und dann doch alles mögliche schief geht. Woran kann
      das liegen? Am englischen Material, an dem jeder zwangläufig 
      verzweifeln muss? Ich weiß es nicht, auf jeden Fall habe ich die Nase
      gründlich voll von der ganzen Angelegenheit.
      Von einem Beobachter (Hallo, Frank) meines Berichts über die
      Enfield (mittlerweile hat dieser schon fast den Charakter eines
      Blogs...) kommt noch der Tipp, die Ausfräsungen für die Stößel-
      gummis zuschweißen zu lassen und mir moderne Zylinderkopf-
      dichtungen mit Metallring anfertigen zu lassen. Das würde aber 
      weitere, sehr aufwändige Arbeitsgänge mit noch mehr Kosten nach
      sich ziehen... Ich warte erstmal ab.